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Aus der Serie "Mit Zwang und Drohgebärden" zum Ziel...

Veröffentlicht von Toni (toni) am Dec 28 2018
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In jüngerer Zeit treibt der Datenschutz so manch seltsame Blüte. Meist kann man dafür aber doch ein Verständnis zumindest für die dahinterstehende juristisch-theoretische Denkweise aufbringen, wenngleich die praktische Umsetzung häufig auf nachvollziehbares Unverständnis trifft.

Richtig absurd wird es aber, wenn in der Praxis Härten künstlich produziert werden, die vermeintlich aus Datenschutzgesetzen entstammen.


Wir sind im Leipziger Kleingartenverein "Zum Hasen" e. V., Mitglied im Stadtverband Leipzig, auf folgenden Aushang gestoßen:



Bild 1: Der Aushang im KGV "Zum Hasen" in Leipzig (Quelle: eigenes Foto).

Allen Ernstes droht der Vereinsvorstand mit einer Streichung als Mitglied, wenn man keine "Einwilligung zur Datenhaltung" erteilt. Mit dem Nebensatz "und ein Pachtverhältnis kann nur bei vorliegender Mitgliedschaft bestehen" setzt man dem Ganzen dann noch die Krone auf und impliziert, dass bei Verlust der Mitgliedschaft auch das Pachtverhältnis enden würde.

Das ist gleich in doppelter Hinsicht harter Tobak.
Denn einer gesonderten Einwilligung zur Erhebung und Verarbeitung von Daten eines Mitglieds/Pächters bedarf es im Kleingartenverein erst einmal nicht. Weil bei beiden Beziehungen handelt es sich um vertragliche Verhältnisse, die von Haus aus derartige Datenverwaltungen notwendig machen und entsprechend in der DSGVO als Rechtsgrundlage aufgeführt sind. Okay, da hat vielleicht jemand was noch nicht ganz verstanden oder sich von der allgemeinen Hektik anstecken lassen.

Aber damit zu drohen, dass das Pachtverhältnis endet, geht überhaupt nicht. Auch ist die behauptete Notwendigkeit der Mitgliedschaft im Verein zum Fortbestehen des Pachtvertrages absoluter Nonsens (der Abschluss eines Pachtvertrages kann per Satzung von einer Mitgliedschaft abhängig gemacht werden, nicht jedoch das Fortbestehen).

Wir recherchierten ein wenig weiter, weil wir vermuteten, dass dieser Aushang nicht auf dem "eigenen Mist" des Vereins gewachsen war. Und tatsächlich bestätigte uns ein Vorstandsmitglied eines anderen, im Leipziger Osten gelegenen Mitgliedsvereins des Stadtverbandes, was wir bereits vermuteten:


Der Stadtverband Leipzig stelle demnach in seinem internen Bereich ein vorformuliertes Musterschreiben für seine Mitgliedsvereine zur Übersendung an jedes Vereinsmitglied zur Verfügung. In diesem Musterschreiben, welches wir dankenswerter Weise lesen durften, folgt auf ziemlich viel sinnfreien Text folgende abschließende Passage:



Bild 2: Ausschnitt aus dem Musterschreiben des Stadtverbandes (Quelle: Screenshot, eigene Anfertigung).

Der Stadtverband empfiehlt seinen Vereinen offenbar, ihren Mitgliedern unter Androhung des Verlusts der Vereinsmitgliedschaft und des eigenen Gartens (!) Einwilligungen abzunötigen, für die überhaupt gar kein Bedarf besteht.


Diese Posse fasziniert uns in gewisser Weise, denn es gelingt den Verbänden doch immer wieder, negativ zu überraschen…

Zuletzt geändert am: Dec 28 2018 um 16:25:23

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