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Kreisverband blecht für Anwalts- und Gerichtskosten – Nein? Doch! Ohh!

Veröffentlicht von Toni (toni) am Apr 01 2018
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Der Kreisverband Leipzig der Kleingärtner Westsachsen e. V. ist nach eigener Auffassung direkter Verpächter der einzelnen Kleingartenparzelle. Der Verein ist beauftragt über die „Verwaltungsvollmacht“, also nur Mittelsmann. Muss nun ein Pächter herausgeklagt werden, ist das Sache des Kreisverbandes:

Der Kreisverband beauftragt i. d. R. seinen Vertragsrechtsanwalt, einen bekannten Juristen aus einer großen Stadt in Sachsen-Anhalt,
der Kreisverband erhebt Klage gegen den Unterpächter,
die Rechnungen des Anwalts und die Gerichtskosten sowie ggf. die Selbstbeteiligung der Rechtsschutzversicherung des Kreisverbandes soll der Verein bezahlen.
Bitte was?

Ja, richtig gehört:
der Vorstand des Kreisverbandes hält es für selbstverständlich, dass jemand anderes für die eigenen Kosten aufkommen soll und wird nicht müde, das auch immer und immer wieder zu propagieren. Mitgliedsvereine des Verbandes sollten hierbei beachten, dass zwischen Verein und Verband zwei getrennte Rechtsverhältnisse bestehen: zum einen die Mitgliedschaft, zum anderen die Verwaltungsvollmacht, also der Auftrag zur Verwaltung der Kleingartenanlage im Namen des Verbandes. Weder aus der Mitgliedschaft, noch aus der Verwaltungsvollmacht ist der Verein aber verpflichtet, die Kosten des Verbandes zu tragen.

Doch mit der Abzocke ist nun Schluss. Ein erster Verein hat sich dagegen gewehrt – erfolgreich:

Der Kreisverband hat Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von mindestens 439,84 € selbst tragen müssen, wahrscheinlich insgesamt sogar 853,48 €.

Jeder Verein, der vom Kreisverband bzw. dessen Vertragsanwalt aufgefordert wird, Anwalts- oder Gerichtskosten bezüglich der verbandseigenen Unterpachtverträge zu tragen, sollte dies unbedingt ablehnen! Der nur beauftragte Verein ist nicht verpflichtet, diese Kosten zu tragen! Das ergibt sich sogar aus einem Urteil des Landgerichts Leipzig, welches Anfang 2018 für Aufsehen sorgte.

Der Sachverhalt im Detail:
Im Bereich des KGV "Auenblick" e. V. in Schkeuditz war der Kreisverband Verpächter für nicht wenige Parzellen. Den meisten Unterpächtern kündigte er aus diversen Gründen, so auch der Frau P.
Wie selbstverständlich übersandte die vom Kreisverband beauftragte sachsen-anhaltinische Rechtsanwaltskanzlei Anfang Januar 2016 die Rechnung für die gerichtliche Tätigkeit in Höhe von 280,84 € an den Verein. Dieser verwies darauf, dass nicht er Mandant und Auftraggeber des Anwaltes ist, sondern der Kreisverband, und lehnte die Zahlung ab. Die Antwort des Anwaltes war denkbar kurz:

"Ihre Schreiben haben wir erhalten und unsere Rechnung an den Kreisverband Leipzig der Kleingärtner Westsachsen e.V. gerichtet."

Hieraus kann unserer Meinung nach geschlussfolgert werden, dass der Kreisverband die 280,24 € zahlen musste, schließlich darf ein Anwalt nicht unentgeltlich tätig sein – und die Rechtschutzversicherung des Verbandes hatte eine Übernahme der Kosten abgelehnt. Bereits zuvor musste der Kreisverband 159,00 € Gerichtskosten entrichten. Daneben ist zu vermuten, dass der Verband auch die außergerichtlichen Kosten des Anwaltes in Höhe von 413,64 € tragen musste; zumindest wurde Frau P. dieser Betrag durch die Anwaltskanzlei in Rechnung gestellt. P. bezahlte diese Rechnung unseres Wissens nicht, dafür spricht letztlich auch, dass die Nichtzahlung der Pacht der Grund für die Kündigung war.

Nicht ganz unwichtig: der Verband hockt nun auf der unberäumten Parzelle und ist gegenüber dem Grundstückseigentümer, der Stadt Schkeuditz, zu einer vertragsgemäßen, also kleingärtnerischen Nutzung verpflichtet. Um das zu erreichen, wird er die Parzelle beräumen lassen müssen. Hierfür rechnet er mit einem Aufwand von mindestens 3.100 €, wahrscheinlicher sind jedoch mindestens 5.000 €. Wer zahlt für alles letztlich die Zeche? In Frage kommen nur die Mitgliedsvereine des Kreisverbandes, deren Mitgliedsbeiträge fast die einzige Einnahmequelle des Verbandes darstellen. Diese Vereine dürfen also für einen anderen Verein blechen, der nicht einmal Mitglied im Verband ist.
Hält der Vorstand eines Vereins in Anbetracht der Zustände im Kreisverband immer noch die Füße still, ist es an den Mitgliedern des Vereins, den Vorstand über Beschlüsse zum Handeln zu bewegen. Damit lässt sich sehr viel Geld sparen, was im Interesse jedes einzelnen Kleingärtners liegen dürfte.

Zuletzt geändert am: Apr 02 2018 um 17:31:34

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