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Vereine - holt euch euer Geld zurück!

Veröffentlicht von Toni (toni) am Mar 04 2018
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Landgericht Leipzig, Urteil vom 25.01.2018, Az. 04 S 236/17
Wir übersenden Ihnen das Urteil gern! Schreiben Sie uns bitte eine E-Mail.
Beim vorliegenden Artikel handelt es sich nicht um eine Rechtsberatung, zu der wir nicht berechtigt sind. Wir berichten von einem speziellen Fall, dem dort ergangenen Urteil und interpretieren dies aus unserer Sicht.
 
Einem Kleingärtner wird der Pachtvertrag durch den Verpächter gekündigt, weil er die Pacht nicht zahlt oder (z. B.) den Garten nicht kleingärtnerisch nutzt. Die Frage ist dann, wer den Garten beräumen muss.
 
Die erste Antwort auf diese Frage wird sicherlich sein: natürlich muss der Kleingärtner sein Eigentum von der Parzelle entfernen. Das ist (meist) soweit richtig. Jedoch gelingt es nicht immer, den Kleingärtner zur Beräumung zu bewegen. Man erwirkt dann eine Zwangsräumung, deren Kosten auch vom Kleingärtner zu tragen sind. Nicht selten ist der Kleingärtner aber nicht zahlungsfähig, weshalb man auf den Kosten sitzen bleiben würde.
 
Doch wer übernimmt und bezahlt die Beräumung in einem solchen Fall, wenn der Kleingärtner nicht zahlt (bzw. nicht zahlen kann)?
 
Auch hier dürfte die Antwort klar sein: der Verpächter ist zuständig.
 
Doch wer ist der Verpächter?
Um hierauf die richtige Antwort zu finden, muss man sich die Vertragsbeziehungen anschauen. Häufig wird einem dabei die folgende Struktur begegnen:
 
Eigentümer (Kommune, Land, privat) verpachtet an Verband der Kleingärtner.
Verband verpachtet an den einzelnen Kleingärtner.
(Der Verein vor Ort erhält vom Verband nur eine „Vollmacht“ oder einen „Auftrag“.)
 
Dieses Konstrukt ist auch in Sachsen mit der „Verwaltungsvollmacht“ weit verbreitet. Klar wird daraus, dass der Verein nicht in die Pachtverträge involviert ist. Er ist nur Mittler zwischen Verband (Verpächter) und einzelnem Kleingärtner (Unterpächter).
 
Recht schnell kann man auch die obige Frage beantworten: der Verband ist Verpächter.
 
In der Praxis sieht es hier häufig anders aus: obwohl der Verein nicht Verpächter ist, trägt er seltsamerweise alle Kosten, die rund um die Kleingartenanlage anfallen – auch die Beräumung bezahlt der Verein.
 
Und genau das ist nicht rechtmäßig, wofür nun auch das kürzlich ergangene Urteil des Landgerichts Leipzig unmissverständlich spricht:
 
Nicht der nur beauftragte bzw. bevollmächtigte Verein ist zur Durchführung und Finanzierung der Beräumung verpflichtet, sondern der Verpächter – also der Verband!
 
Solche Vereine, die nicht selbst verpachten, sondern nur für den Verband, müssen die Beräumung nicht bezahlen! Der Verband muss die Kosten tragen, sie ggf. dem Verein ersetzen (vgl. § 670 BGB) und in Zukunft einen Vorschuss dafür leisten (vgl. § 669 BGB).
Im Übrigen trifft dies für sämtliche Kosten rund um die Verwaltung der Kleingartenanlage zu. Denn alles, was der Verein in der Kleingartenanlage erledigt, geschieht ausschließlich im Namen des Verbandes. Der Verband als Verpächter hat sämtliche dieser Kosten zu tragen! Auch muss der Verein nur so viel Pacht an den Verband weiterleiten, wie er von den Unterpächtern einsammeln konnte. Leerstand oder Nichtzahler? Kein Problem, denn es geht den Verein nichts an!
 

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Zum besseren Verständnis des Urteils soll im Folgenden der zugrundliegende Fall genauer dargestellt werden. Denn der genaue Streitpunkt war etwas anderes, nämlich eine im Großraum L. herrschende, aber auch bundesweit denkbare „Spezialität“ in den Vertragsbeziehungen zwischen Verband und Verein. Wen es interessiert, was genau im Großraum L. passiert ist, der mag nun weiterlesen.
 
Dort pachtete der Verband Anfang der 90er Jahre von verschiedenen Kommunen Land für die Kleingärtnerei und gab es mittels Zwischenpachtverträgen an die jeweiligen Vereine vor Ort weiter. Diese konnten folglich selbst (also in eigenem Namen) die einzelnen Parzellen weiterverpachten. Es lag also ein gestuftes Pachtsystem vor, welches nach unserer Auffassung und Beobachtung DAS instinktiv richtige System ist.
 
In den frühen 2000er Jahren kam (nach unserer Kenntnis über den Landesverband S.) dann die „Verwaltungsvollmacht“ wortwörtlich ins Spiel. Sie wurde einfach über die bestehenden Pachtbeziehungen „drübergebügelt“ und soll nach Auffassung des Verbandes die Zwischenpachtverträge entschädigungslos ersetzt haben. In gutem Glauben an die Richtigkeit der Vorgaben des Verbandes gingen die Vereine dazu über, mit den vom Verband zur Verfügung gestellten Formularen zu verpachten. Darin war der Verband als Verpächter vorgesehen; der Verein nur Vertreter des Verbandes.
 
Die Situation eskalierte in den Jahren 2014/2015, als die ersten Vereine die Unrechtmäßigkeit im Vorgehen des Verbandes realisierten. Einer dieser Vereine, A. e. V. in S. bei L., erklärte nach etlichen Klärungsversuchen die „Verwaltungsvollmacht“ (u. a.) wegen des vorhandenen Zwischenpachtvertrages für beendet und gab die wenigen Unterpachtverträge, die im Namen des Verbandes geschlossen wurden, an den Verband heraus.
Die meisten dieser Verträge waren durch den Verband bereits gekündigt worden; der Verband ließ sich mittels Gerichtsvollzieher in den Besitz an den Parzellen einweisen, auf den gerichtlich festgestellten Räumungsanspruch gegen die Unterpächter verzichtete er jedoch.
In der Folge versuchte der Verband, die Durchführung der Beräumung auf den Verein abzuwälzen – der Verein sei aus dem Zwischenpachtvertrag dazu verpflichtet. Natürlich akzeptierte der Verein das nicht, schließlich waren es Unterpächter des Verbandes, die die Parzellen verwüsteten. Der Verein forderte seinerseits vom Verband die Herausgabe der Parzellen in einem ordnungs- und vertragsgemäßen Zustand. Der Verband weigerte sich aber, weshalb der Verein die beräumte Herausgabe gerichtlich durchzusetzen versuchte.
 
Der Verein scheiterte in beiden Instanzen. Das Landgericht Leipzig entschied nämlich, dass der Zwischenpachtvertrag für solche Parzellen endete, die im Namen des Verbandes direkt verpachtet wurden. Der Verein ist für diese Parzellen also komplett raus, er hat mit ihnen keine Beziehung mehr – weder als Pächter, noch als Verpächter. Der Verein hat folglich keinen Anspruch auf Herausgabe. Das hat aber auch und direkt zur Folge, dass der Verband hier alleine dasteht. Es gibt niemanden mehr, auf den er die Beräumungspflicht abwälzen könnte.
 
Nunmehr wird der Verband ohne jegliche Ausweichmöglichkeit die Beräumung selbst vornehmen und auch bezahlen müssen. Denn die Stadt S. als Eigentümer wird nicht zulassen, dass der Verband (weiterhin) ihm als Kleingartenland überlassene Flächen verwildern und vermüllen lässt.
 
Im Endeffekt hat der Verband vor Gericht gewonnen, aber in der Sache haushoch verloren.

Zuletzt geändert am: Jun 12 2020 um 16:58:34

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