Austritt aus dem Verband

Ein Verein plant, aus dem Kleingartenverband auszutreten - was gilt es zu beachten?

Immer häufiger hört und liest man von Kleingartenvereinen, die den lokalen Verband verlassen haben oder werden. Allein im Bereich des Kreisverbandes Leipzig der Kleingärtner Westsachsen e. V. sind seit 2014 fünf Vereine ausgetreten, weitere planen ihren Austritt noch in 2017.

Die Beweggründe sind vielfältig. Häufig sind es jedoch die Zustände und/oder Entwicklungen im Verband, die ein Verein nicht weiter mittragen kann und will, bspw. wenn der Verband und seine Funktionäre mehr eigennützig statt gemeinnützig handeln und das ihnen anvertraute Geld mit vollen Händen ausgeben. Auch dauerhaft fehlerbehaftetes Handeln des Verbandes, überbordende Bürokratie und weit über die Anforderungen der kleingärtnerischen Nutzung hinausgehende verbandsinterne Regelungen spielen beim Austrittsvorhaben nicht selten eine Rolle. Eine eher untergeordnete Rolle nimmt hingegen der finanzielle Aspekt ein, auch wenn der Verbandsbeitrag eine nicht unbeachtliche Ausgabeposition des Vereins darstellt.

Gibt es eine Beziehung zwischen einzelnem Vereinsmitglied und dem Verband?

Hier kommt es zunächst auf die satzungsgemäße Konstruktion des Verbandes an. Meist jedoch besteht der Verband ausschließlich aus Vereinen, weshalb wir uns in den weiteren Ausführungen auf diesen Fall beschränken. Das einzelne Mitglied des Gartenvereins ist also kein Mitglied im Verband, nur der Verein ist Verbandsmitglied. Vereinsrechtlich besteht also keinerlei Beziehung zwischen dem einzelnen Vereinsmitglied und dem Verband.

Auf der pachtrechtlichen "Schiene" kann dies unter Umständen anders aussehen.
Die Verbände propagieren gern die "Verwaltungsvollmacht", wonach der Verein nicht wie allgemein angenommen rechtmäßiger Besitzer der Grundstücke seiner Kleingartenanlage ist und in eigenem Namen Unterpachtverträge abschließt, sondern zwischen Verein und Verband lediglich ein Auftragsverhältnis besteht, der Verein die Kleingartenanlage also nur im Namen des Verbandes verwaltet und auch Unterpachtverträge mit den einzelnen Kleingärtnern nur im Auftrag und im Namen des Verbandes abschließt. In diesem Fall besteht also eine pachtrechtliche Beziehung zwischen einzelnem Kleingärtner und Verband.
Jedoch sind die tatsächlichen rechtlichen Beziehungen in den meisten Fällen anders, selbst wenn auf dem Papier diese "Verwaltungsvollmacht" besteht. Denn meist handeln sowohl Verband wie auch Vereine und Unterpächter instinktiv richtig und "leben" ein Zwischenpachtverhältnis: der Verband verpachtet die gesamten Grundstücksflächen an den Verein, welcher wiederum eigenständig und in eigenem Namen die Kleingartenanlage betreibt und verwaltet sowie die einzelnen Parzellen unterverpachtet. Für ein solches Zwischenpachtverhältnis gibt es keine Formvorschriften - es kann auch ohne schriftlichen Vertrag zustande kommen!

Die pachtrechtlichen Beziehungen sollten vor Austritt geprüft und ggf. im Rahmen der (vielfältigen!) Möglichkeiten korrigiert werden. Wenn Sie also planen, Ihren Verband zu verlassen, sollten verschiedene Aspekte überprüft werden. An dieser Stelle beschreiben wir zwei erste Ansatzpunkte, gehen jedoch nicht ins Detail, um den Verbänden keine Vorlagen für Anpassungen zu liefern, mit denen sie ihre "Verwaltungsvollmacht"  besser bzw. überhaupt durchsetzen können. Dies würde ggf. betroffene Vereine schädigen und dies wollen wir auf jeden Fall verhindern. Trotzdem wollen wir unser Wissen und unsere Erfahrungen teilen. Beabsichtigen Sie also einen Verbandsaustritt, schreiben Sie uns bitte eine
E-Mail und wir helfen bei der Überprüfung der pachtrechtlichen Gegebenheiten.

  1. Wer trägt die Kosten für die Verwaltung und den Betrieb der Kleingartenanlage Ihres Vereins?

    Diese Frage mag überraschen und die Antwort wird in 99,9 % der Fälle sicherlich sein: "Natürlich trägt unser Verein sämtliche derartige Kosten!"
    Bestünde das von den Verbänden behauptete Auftragsverhätnis "Verwaltungsvollmacht", wäre der Verband also Auftraggeber und der Verein Auftragnehmer, so würde der Verein die Kleingartenanlage lediglich im Auftrag des Verbandes verwalten und Unterpachtverträge auch nur im Namen des Verbandes abschließen. Der Verband wäre in diesem Fall gesetzlich dazu verpflichtet (vgl.
    § 670 BGB), dem Verein sämtliche Kosten und Aufwendungen ausnahmslos zu ersetzen, die im Rahmen der Auftragsdurchführung (zur Erinnerung: Verwaltung der Kleingartenanlage sowie Unterverpachtung im Namen des Verbandes) entstehen. Diese Pflicht zum Kostenersatz kann nur unter ganz bestimmten Bedingungen vertraglich ausgeschlossen werden!

     
  2. Wie waren die pachtvertraglichen Beziehungen vor der vermeintlichen Einführung der "Verwaltungsvollmacht" und was gibt der Generalpachtvertrag mit dem Bodeneigentümer vor?

    Allein bei den fünf oben angeführten Vereinen im Bereich des Kreisverbandes Leipzig wurde im Rahmen der Überprüfung der pachtvertraglichen Beziehungen wiederholt festgestellt, dass die Vereine einen gültigen Zwischenpachtvertrag mit dem Verband haben und die "Verwaltungsvollmacht" faktisch nur "drübergebügelt" wurde, was jedoch rechtlich nicht wirksam ist. Einer der Vereine hat sogar noch einen gültigen Direktvertrag mit der Gemeinde als Bodeneigentümer. Hier kann die "Verwaltungsvollmacht" überhaupt nicht hineinregeln, da die Vertragspartner unterschiedlich sind (Direktvertrag: Gemeinde + Verein, "Vollmacht": Verband + Verein). Gleichzeitig schreibt einer der für die Vereine einschlägigen Generalpachtverträge zwischen Gemeinde als Bodeneigentümer und Verband verpflichtend vor, dass die Vereine Zwischenpachtverträge erhalten müssen. Die propagierte "Verwaltungsvollmacht" würde deshalb gegen den Generalpachtvertrag verstoßen - mit den entsprechenden möglichen Konsequenzen.

    Allgemein darf angenommen werden, dass in den ostdeutschen Bundesländern im Rahmen der Umstellung hin zum neuen bundesdeutschen Rechtssystem das mehrfach gestufte Zwischenpachtverhältnis (Gemeinde/Bodeneigentümer an Verband an Verein an Unterpächter) als natürliches und intuitiv "richtige(re)s" Rechtskonstrukt verwendet wurde. Manche Kommune hat Direktverträgen den Vorzug gegeben und mit dieser unserer Meinung nach besten Lösung die Flächen an die Vereine als Nutzer ohne Umweg über einen Verband vergeben. Erst später wurde die "Verwaltungsvollmacht" durch die Verbände eingeführt, um die Vereine an sie zu binden (hierzu wird es einen separaten Artikel geben).

    Selbst wenn das Papier und Aussagen des Verbandes auf eine "Verwaltungsvollmacht" hindeuten, muss das noch lange nichts heißen. Es kommt immer darauf an, wie sich Verband, Verein und Unterpächter tatsächlich verhalten.


Welche Folgen kann der Austritt aus dem Verband haben?

Selbstverständlich kann der Verein nach Austritt keine "Leistungen" des Verbandes mehr in Anspruch nehmen. Die tatsächlichen Vorteile sind jedoch - etwas näher betrachtet - nicht so werthaltig, wie dies häufig vom Verband verkauft wird. Wir wollen an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir den eigentlichen Sinn und Zweck der Verbände, nämlich die gemeinschaftiche und gebündelte Vertretung der Interessen der Kleingärtner, nicht in Frage stellen wollen und als absolut sinnvoll betrachten. Jedoch zeichnet sich zumindest hier in Leipzig und Sachsen ab (durch personelle Verflechtungen mit dem Bundesverband wohl auch bundesweit), dass die Interessen der Kleingärtner und Gartenvereine bereits weit ins Hintertreffen geraten sind.

Wichtige "Leistungen", die mit Austritt entfallen, sind die folgenden:

  • Versicherungen

    Häufig hat der Verband mit Versicherungsgesellschaften Rahmenvereinbarungen abgeschlossen, über die die Vereine und ggf. die einzelnen Kleingärtner günstige Versicherungen erhalten können. Die wohl wichtigsten Bereiche sind die Rechtsschutzversicherung für den Verein sowie die Laubenversicherung für den einzelnen Gärtner. Derartige Rahmenvereinbarungen werden jedoch aktuell durch die Versicherungsgesellschaften gekündigt oder zum Nachteil der Vereine/Kleingärtner abgeändert. Außerdem sind uns Fälle bekannt, in denen im Schadensfall (hier Laubenversicherung) verneint wurde, dass überhaupt eine solche Versicherung besteht. Das Problem solcher Rahmenvereinbarungen ist nämlich, dass der letztliche Nutzer keine Versicherungspolice erhält. Außerdem erfolgt die Zahlung des Versicherungsbeitrages nicht direkt vom Kleingärtner an die Versicherung, sondern über mindestens zwei zwischengeschaltete Institutionen (Verein und Verband). Diese "stille Post" der Versichertenlisten und Beiträge ist sehr fehleranfällig. Es wird dann im Fall der Fälle für den geschädigten Kleingärtner schwierig, das bestehende Versicherungsverhältnis nachzuweisen.
    Alle diese Probleme lassen sich jedoch relativ einfach umgehen. Mit nur einem geringen finanziellen Mehraufwand erhält man gleichartige Versicherungen auf dem "freien Markt" - dafür hält man dann einen Versicherungsnachweis in der Hand, ist direkter Vertragspartner der Versicherungsgesellschaft und damit nicht mehr von mehreren Zwischenstellen abhängig. Dies gilt sowohl für die Vereinsrechtsschutzversicherung wie auch für die Laubenversicherung.
     
  • Wertermittlungen

    Für die Durchführung einer Wertermittlung bei Vertragsende gibt es keine gesetzliche Vorschrift! Einzige Ausnahme ist eine Kündigung durch den Verpächter in den Sonderfällen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 Bundeskleingartengesetz (vgl.
    § 11 BKleingG). Selbst bei einer "normalen" Kündigung durch den Verpächter wegen ausbleibender Zahlungen oder anderweitiger Pflichtverletzungen des Unterpächters ist eine Wertermittlung nicht vorgeschrieben, bei einer Kündigung durch den Unterpächter schon gar nicht!
    Wertermittlungen bei sämtlichen Pächterwechseln sind eine Erfindung sowie eine selbstgeschaffene Aufgabe der Verbände. Für den Verein als Zwischenpächter helfen sie lediglich ein wenig bei der Erfüllung der mit der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit bzw. Nutzung einhergehenden Auflagen. Doch das lässt sich auch ohne verbandseigene Wertermittler erledigen und sollte sogar gemäß unserer Erfahrungen zur Vermeidung von Streitigkeiten vom Vereinsvorstand selbst erledigt werden. So muss vor Rücknahme der Parzelle lediglich eine Bestandsaufnahme dahingehend durchgeführt werden, ob sich die Parzelle in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet. Entsprechen die Baulichkeiten, Anpflanzungen usw. den gesetzlichen und anderweitigen Anforderungen an die kleingärtnerische Nutzung?

Die von den Verbänden gern beschriebene "Solidargemeinschaft" ist ein netter, jedoch mehr sentimentaler denn nachhaltiger Versuch, den Verbänden einen weiteren Zweck zuzschreiben. Weiterhin stellt diese "Solidargemeinschaft" eher einen Haftungsverbund dar: finanziell schwächelnde oder nicht erfolgreiche Vereine sollen durch die anderen Vereine gestützt werden. Dies ist nicht nur bezüglich des engen satzungsgemäßen und steuerrechtlichen Handlungsspielraums der Verbände und Vereine problematisch. Die Einschätzung zur Sinnhaftigkeit einer solchen "Solidargemeinschaft" soll jedoch jedem Leser selbst überlassen sein. Wir geben aber zu bedenken, dass die Auflösung und spätere Neugründung eines Vereins ein probates Mittel zur Bereinigung finanzieller Schwierigkeiten darstellen kann.

Nun kommen wir schließlich zum "Horrorszenario" schlechthin, das sehr gern von den Verbänden ausführlichst beschrieben wird:
Verlässt ein Verein den Verband, müsse die "Verwaltungsvollmacht" entzogen werden, weshalb der Verband die Verwaltung und den Betrieb der Kleingartenanlage selbst übernehmen müsse. Damit einher ginge auch, dass die Unterpächter, die ja allesamt Vertragspartner des Verbandes seien, zu den Kosten der Verwaltung herangezogen werden müssten. Es werden hier Rechnungen aufgemacht, die jenseits von gut und böse liegen und häufig jeglicher rechtlicher Grundlage entbehren.
Dies lässt natürlich jedes noch so berechtigte oder dringende Austrittsbegehren im Keim ersticken - all das kann jedoch (meist) getrost ignoriert werden. Denn wie oben beschrieben ist die "Verwaltungsvollmacht" häufig gar nicht anwendbar und ein Zwischenpachtverhältnis besteht. Dieses Zwischenpachtverhältnis ist gesetzlich geschützt und kann durch den Verband nicht eigenmächtig aufgelöst oder abgeändert werden, wenn ein Verein den Verband verlässt. Auch entsteht dem Verband durch Austritt des Vereins kein Anspruch auf irgendwelche Verwaltungskosten aus dem Zwischenpachtvertrag.


Das Märchen vom Verlust der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit

Wiederholt sind uns im Rahmen unserer Recherchen sowie unserer eigenen Vereinsarbeit Aussagen von Verbänden sowie das "Wissen" einzelner Gartenfreunde begegnet, wonach die Mitgliedschaft im Verband Voraussetzung für die Anerkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit eines Vereins wäre. Dies ist jedoch schlichtweg falsch. Eine zuständige Anerkennungsbehörde bestätigte uns schriftich, dass sich die Voraussetzungen für die Anerkennung ausschließlich aus
§ 2 BKleingG ergeben, nämlich dass die Satzung des Vereins bestimmt, dass:

  1. der Zweck des Vereins ausschließlich oder überwiegend die Förderung des Kleingartenwesens sowie die fachliche Betreuung seiner Mitglieder ist,
  2. erzielte Einnahmen kleingärtnerischen Zwecken zugeführt werden,
  3. das Vereinsvermögen bei Auflösung des Vereins kleingärtnerischen Zwecken zugeführt wird.

Weiterhin muss sich der Verein einer regelmäßigen Überprüfung seiner Geschäftsführung unterziehen.

Die Mitgliedschaft in einem Verband ist und bleibt jedoch keine Voraussetzung für die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit. Sämtliche anderslautende Äußerungen sind Nonsens.

Wir erhielten zudem die Information, wonach die häufig noch anzutreffende Beteiligung der Verbände bei der regelmäßigen Überprüfung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit häufig nicht den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen entspricht. Zumindest bei uns in Sachsen ist eine Involvierung des Verbandes nicht mehr vorgesehen. Die im Rahmen der Überprüfung beim Amt vorzulegenden Unterlagen müssen also nicht über den Verband laufen. Auch hier versuchen die Verbände, sich vorgebliche Aufgaben zu schaffen.


Resumee

Der Austritt aus dem Verband ist mitunter alternativlos: Korrekturversuche laufen ins Leere und die meisten Vereinsvertreter sind solange nicht an Fehlentwicklungen interessiert, solange sie nicht persönlich betroffen sind und der Verbandsbeitrag nicht allzu stark steigt.
Jedoch sollte vor Kündigung der Mitgliedschaft geprüft werden, welche Folgen hieraus entstehen und welche Alternativen es ggf. gibt. Bspw. stehen jedem Mitgliedsverein zahlreiche vereinsrechtliche Möglichkeiten zur Intervention zur Verfügung. Auch die Einschaltung des zuständigen Amtsgerichts, des Finanzamtes oder der Aufsichtsbehörde für die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit können ggf. zielführend sein, um den Verband wieder auf Kurs zu bringen.
Gern unterstützen wir mit unseren Erfahrungen und dem im Rahmen der Austritte unserer Vereine gewonnenen Wissen. Zögern Sie bitte nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen.


Noch etwas


Dieser Artikel entstand nicht zuletzt als "Antwort" auf die recht einseitig gehaltene Abhandlung zum Verbandsaustritt auf den Seiten des Landesverbandes Sachsen (Edit 11/2018: Aus unerfindlichen Gründen ;-) hat der LSK den Artikel mittlerweile gelöscht. Wir konnten den Text zuvor sichern: lest ihn hier, Quelle bleibt natürlich der Landesverband Sachsen der Kleingärtner
). Dieser Beitrag wurde Mitte 2015 publiziert, auch in der verbandseigenen Zeitschrift "Gartenfreund", - zufälligerweise genau in der Zeit, in der mehrere Vereine im Kreisverband Leipzig ihre Absicht kundtaten, aus diesem austreten zu wollen, sollten die Missstände nicht behoben werden.


Zuletzt aktualisiert am 25.05.2016
(am/jg)